Bewilligung von Gründungszuschüssen: ein Urteil stärkt die Rechte von Existenzgründern

Seit Jahresbeginn 2012 gingen die Bewilligungen von Gründungszuschüssen auf Grund einer Gesetztes-Novellierung rapide zurück.

Änderungen der Voraussetzungen zur Vergabe von Gründungszuschüssen haben die Vorschrift des § 93 Abs. 1 SGB III von einer „Soll“ in eine „Kann“ Leistungsverpflichtung der Bundesagentur für Arbeit umgewandelt. Damit steht der lokalen Arbeitsagentur bei jeder Einzelfallentscheidung über die Bewilligung ein sogenanntes Ermessen zu, ob es dem Antragenden den Gründungszuschuss gewähren möchte oder nicht.

Dies hatte zur Folge, dass die Antragsbewilligungen von Gründungszuschüssen in den letzten Monaten bei nur noch 10 % bis 20 % (im Vergleich zum Vorjahr) lagen.

In der Argumentation zur Ablehnung der Gründungszuschüsse berufen sich die Arbeitsagenturen auf den Vermittlungsvorrang offener Arbeitsplätze und das eigene Selbstverständnis, Arbeitssuchende in ein festes Beschäftigungsverhältnis und nicht in die Selbstständigkeit bringen zu wollen. Es war also nur noch eine Frage der Zeit, bis sich ein Gericht der Frage annimmt, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Rahmen die Behörde Ermessen ausüben darf.

Mit dem Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 23. August 2012 könnte der erste Schritt in Richtung Rechtsklarheit begangen werden.

Folgendes stellt das Gericht klar:

• in jedem Einzelfall, bei dem die Tatbestandsvoraussetzungen des § 93 Abs. 2 SGB III vorliegen, ist eine Ermessensentscheidung zu treffen
• bei Ablehnung hat die Behörde in jedem Einzelfall zu prüfen und zu begründen, warum eine besonders gute Vermittlungsprognose des Betroffenen vorliegt
• eine pauschale Ablehnung beispielsweise bestimmter Berufsgruppen ist nicht mehr möglich
• auf den zu entscheidenden Fall bezogen ist eine Ausnahme von einer Bewilligung nur dann denkbar, wenn der Gründungszuschuss nicht zur Absicherung des Lebensunterhaltes und zur sozialen Absicherung erforderlich ist, da die geplante Tätigkeit ein hohen Gewinn erwarten lässt

FAZIT

Das Urteil stärkt die Existenzgründer und schränkt den Ermessensspielraum der Arbeitsagenturen ein. Zukünftig müssen klare Voraussetzungen definiert werden, wann ein Antrag bewilligt oder abgelehnt werden kann. Es bleibt aber abzuwarten, wann eine höchstrichterliche Entscheidung in dieser Problematik gefällt wird, um endlich absolute Rechtssicherheit bei der Vergabepraxis von Gründungszuschüssen herzustellen. Bis dahin bleibt die Erkennntis: de facto ist der Gründungszuschuss heute (fast) abgeschafft.

Kommentare

2 Kommentare

  1. Sehr geehrter Herr Schmelze,

    haben Sie recht vielen Dank für den Hinweis.
    Gleiche Erfahrungen mache ich in meiner Berufspraxis, unabhängig von Gründungen im Franchisebereich, derzeit auch.
    Die Vorgehensweise bezieht sich im übrigen auch auf das Einstiegsgeld.

    Allerdings sind Einsprüche aus meiner Erfahrung immer nur dann sinnvoll, wenn gleich, am besten von Juristen, eine “stabile” Begründung geliefert wird.
    Seien Sie doch so nett und schicken mir an meine Mailadresse: sp@serviceprojekt.de einmal das Aktenzeichen.

    Abschließend kann man noch einen Tipp, der in der Praxis “gut” wirkt weitergeben.
    Sollte es nicht klappen oder die Entscheidung verzögert werden, hilft hier wirklich mal die Politik.
    Wenden Sie sich an Ihren Bundestagsabgeordnten, gleich welcher Partei, und bitten ihn doch mal tätig zu werden.

    Gruß
    Sven Pioch

  2. TorbenBrodersen

    Hallo Herr Pioch,

    vielen Dank noch für Ihre Ergänzungen. Gerade in Bezug auf die Bundestagsabgeordneten haben wir unsere eigenen Erfahrungen gemacht. So habe ich in den letzten Wochen und Monaten diverse Abgeordnete auf die sehr unerfreuliche Entwicklung beim Gründungsszuschuss aufmerksam gemacht – mit leider ernüchternden Ergebnissen. Wir bleiben diesbzüglich jedoch am Ball.

    Beste Grüße

    Torben Brodersen

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