Al-Qaida und Franchise: Vom Sinn und Unsinn eines Vergleiches

Mit den neuen Bedrohungsszenarien der Terrororganisation al-Qaida der letzten Tage waren erneut Experten zu hören, die die Struktur von al-Qaida mit einem Franchisesystem vergleichen.
Dieses kam bereits in der Vergangenheit immer mal wieder vor und wurde vom DFV stets als nicht hilfreich, widersinnig und diskreditierend zurückgewiesen. Unsere Auffassung dazu war jeweils: Franchiseorganisationen mit in Deutschland 70.000 selbständigen und mittelständischen Franchiseunternehmern gehören nicht auf eine Stufe mit mordenden und Unheil verbreitenden Terroristen. Auch nicht, um die Strukturen anschaulich vergleichen zu wollen.

Hieraus ergab sich ein Schriftwechsel mit Herrn Professor Dr. Volker Perthes, Direktor der Stiftung Wissenschaft und Politik, (Anlass war am 07. August 2013 ein Interview im Handelsblatt) sowie Eva-Marie Kogel, Redakteurin bei DIE WELT KOMPAKT. Beide erklären den theoretisch-wissenschaftlichen einerseits sowie den journalistischen Hintergrund dieses Vergleiches andererseits aus ihren jeweiligen Perspektiven.

Dabei lässt sich Herr Professor Perthes zitieren: „Inhaltlich haben Sie unrecht, nicht nur weil ein Vergleich eben keine Gleichsetzung ist. Vielmehr ist es sowohl in der Kriminalistik wie in der Politischen Wissenschaft durchaus üblich, zur Erklärung der Strukturen von kriminellen und terroristischen Organisationen auf Modelle aus der Wirtschaft (etwa: ‚straff geführter Konzern‘ oder eben ‚Franchising‘) oder aus dem Militärischen (‚command and control‘) zurückzugreifen. Tatsächlich lernen solche Organisationen von entsprechenden legalen Strukturen und ‚Geschäftsmodellen‘ aus Wirtschaft, Vereinsleben und Militär“.

Und Frau Kogel bezieht wie folgt Stellung: „Selbstverständlich liegt mir nichts ferner, als die Diskreditierung des Franchiseprinzips. Als Bild, um die Funktionsweise von al-Qaida zu erklären, halte ich es aber für sehr nützlich. (…..) Aus journalistischer Sicht ist es von besonderer Bedeutung zur Erklärung des Neuartigen auf bekannte Bilder zurückzugreifen. Selbstverständlich sind damit aber auch gewisse Unschärfen verbunden. Das ist unumgänglich“.

Beide unterstreichen noch, dass die Leser an dieser Stelle zu differenzieren in der Lage seien und keine falschen Schlüsse in Bezug auf die Franchisewirtschaft zögen.

Diese Positionen sind für sich genommen verständlich. Ob es jedoch im Interesse der Franchisewirtschaft selbst ist, regelmäßig mit Terroristen in einem Atemzug genannt zu werden („Bastion des Franchise-Terrorismus“ als Titel in DIE WELT KOMPAKT am 08. August 2013 etwa), sei dahingestellt. Nein, sie wird sich weiterhin klar von jedweden populistischen Vergleichen distanzieren – denn die Gefahr, dass nicht alle Leser zu differenzieren in der Lage sind, konnte bislang nicht widerlegt werden. Zu klären ist, ob – fernab der Öffentlichkeitswirksamkeit – der Vergleich überhaupt auch strukturell-inhaltlich belastbar ist.

Torben Leif Brodersen

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