Lobbyarbeit des DFV am Beispiel Altersvorsorgepflicht für Selbstständige (Teil I)

Für das Buchprojekt „Lobbying in der Praxis“ führte Melanie Fromm (HTW Berlin/HWR Berlin) ein Interview mit Torben Leif Brodersen, DFV-Geschäftsführer, zur Interessenvertretung des Verbandes zum Thema Altersvorsorgepflicht für Selbstständige.

Der in drei Abschnitte gegliederte Blog-Beitrag zeigt auf, wie der DFV die Interessenvertretung wahrnimmt. Im ersten Teil wird einführend über die Ausgangssituation und über die beteiligten Akteure berichtet. Der zweite Teil beschäftigt sich mit der Lobbystrategie, die Erarbeitung der Botschaft und Argumente sowie die dazu benötigten Instrumente der kommunikativen Umsetzung. Im dritten und letzten Teil wird auf die Umsetzung, auf das Ergebnis und einige Tipps für Lobby- und Verbandsarbeit im allgemeinen Rahmen der politischen Kommunikation eingegangen.

Die Ausgangssituation

Der Deutsche Franchise-Verband e. V. (DFV), mit Sitz in Berlin, wurde 1978 gegründet. Als Spitzenverband der deutschen Franchise-Wirtschaft repräsentiert der DFV sowohl Franchisegeber als auch Franchisenehmer. Die Hauptaufgabe des Verbandes besteht darin, die Interessen der Franchise-Wirtschaft zu vertreten: wirtschaftlich, gesellschaftlich und politisch. Derzeit gehören dem DFV rund 280 Mitglieder an.

Im Frühjahr 2012 wurde bekannt, dass das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) die Einführung einer Altersvorsorgepflicht für selbstständige Unternehmer plant. Auslöser des politischen Entscheidungsprozesses war die zunehmende Altersarmut bei Selbstständigen. Laut einer aktuellen Erhebung des Allensbacher Instituts für Demoskopie verfügt jeder vierte von ihnen aktuell über keine private Altersvorsorge. Begründet sind diese Zahlen durch die häufig fehlende Möglichkeit zur Bildung von finanziellen Rücklagen.

Das BMAS legte hierzu ein sogenanntes Eckpunktepapier vor, welches erste Ideen der Altersvorsorgepflicht skizzierte. So sollte beispielsweise Selbstständigen zwar die Wahl zwischen einer Lebensversicherung und einer privaten oder einer gesetzlichen Rentenversicherung überlassen bleiben, jedoch sollten nach den Vorstellungen der damals zuständigen Bundesministerin Ursula von der Leyen diejenigen Selbstständigen, die keinerlei Altersvorsorge nachweisen können, in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert werden. Diese Regelung sollte für selbstständige Unternehmer gelten, die bei Inkrafttreten des Gesetzes jünger als 30 Jahre sind. Für Selbstständige zwischen 30 und 50 Jahren seien abgeschwächte Regelungen geplant, hieß es damals. Die über 50-Jährigen seien davon nicht betroffen. Nicht betroffen wären ebenso selbstständige Unternehmer, die weniger als 400 Euro im Monat verdienen.

Die Pläne einer Zwangsrente und die „effiziente Überwachung“ durch die Deutsche Rentenversicherung Bund sind Botschaften, die bei Selbstständigen zur Verunsicherung führten und weiterhin führen. Aus diesem Grund schien es für den DFV unerlässlich, sich an diesem Entscheidungsprozess zu beteiligen und die Interessen seiner Mitglieder zu vertreten.

Auch in der Öffentlichkeit wurde dieses Eckpunktepapier stark diskutiert. Ebenso wurden die Pläne, die das BMAS durch diese angestrebten Regelungen verfolgte, von den damaligen Regierungsfraktionen von CDU/CSU und FDP unterschiedlich beurteilt. Die Zahl derer, die sich gegen die Gesetzesinitiative ausgesprochen haben, war letztendlich recht groß. Sollte sich aber eine gesetzliche Regelung nicht vermeiden lassen, so bestand verbandsintern bei allen Mitgliedern des DFV zumindest der Wunsch nach einer liberaleren Auslegung. Als erste Reaktion darauf signalisierte das BMAS die Anerkennung unterschiedlicher privater Altersvorsorgemöglichkeiten und ermöglichte somit eine breitere Auslegung der angestrebten Altersvorsorgepflicht.

Nach Erscheinen des Eckpunktepapiers mit Kerninhalten einer gesetzlichen Regelung wurde die Unternehmensberatung McKinsey beauftragt, eine Machbarkeitsstudie vorzulegen. Diese sollte unter anderem zeigen, wie und in welchem Umfang Unternehmer heute bereits für ihr Alter vorsorgen und gleichzeitig Wege zur Umsetzung der Vorsorgepflicht aufzeigen. Die Studie wurde für September 2012 angekündigt. Bis zum heutigen Zeitpunkt liegen jedoch der Öffentlichkeit noch immer keine Ergebnisse vor (Stand: 31.01.2014).

Die Akteure

An die 280 Mitglieder des DFV sind ca. 20.000 Betriebe angeschlossen, die wiederum alle von selbstständigen Unternehmern geführt werden. Die Relevanz des Themas „Altersvorsorgepflicht für Selbstständige“ und auch der Handlungsbedarf für den Verband erklären sich somit von selbst.

Über den DFV hinaus waren an der Debatte unterschiedliche Akteursgruppen aktiv beteiligt. So waren auf unterschiedlichen Ebenen diverse Ministeriumsvertreter (sowohl auf Leitungs- als auch auf Arbeitsebene) sowie Angehörige/Mitarbeiter der Bundestagsfraktionen Ansprechpartner des DFV. Der direkte Draht zum Fachreferat stellte zur Informationsgewinnung den wichtigsten Akteur dar. Auf Ministerialebene waren die wissenschaftlichen Mitarbeiter wesentliche Ansprechpartner, um relevante Informationen zu erlangen.

Die Zusammenarbeit mit anderen Verbänden spielte zudem eine wesentliche Rolle. Hierzu entstand Anfang Juli 2012 ein Positionspapier, das der DFV gemeinsam mit dem Bundesverband Direktvertrieb (BDD) und der Centralvereinigung Deutscher Wirtschaftsverbände für Handelsvermittlung und Vertrieb (CDH) erarbeitet und an die Verantwortlichen im BMAS persönlich übergeben sowie an die zuständigen Bundestagsausschüsse versandt hat. Auch wurden Pressemitteilungen herausgegeben, die in Zusammenarbeit mit anderen betroffenen Verbänden entstanden sind. Durch den Zusammenschluss der Verbände war es möglich, „gehört zu werden“, denn in der Lobbyarbeit ist es laut DFV ein großer Vorteil, wenn „man Kollegen hat, die ins gleiche Horn stoßen“.

Auch wenn die Reichweite selbstständiger Unternehmer prinzipiell groß ist, werden ihre Interessen aus Sicht des DFV nur unzureichend wahrgenommen. Unternehmer spielen bei politischen Entscheidungsprozessen keine angemessene Rolle, daher ist ein Kernziel der Lobbyarbeit des DFV, dieser wichtigen Gruppe (hier vor allem im Franchise-Bereich) Gehör zu verschaffen. Um ein politisches Ziel zu erreichen, ist daher das Zusammenspiel der betroffenen Verbände sowie der (Franchise-)Unternehmer selbst von besonderer Bedeutung.

Der zweite Teil folgt in Kürze…

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