Die Lobbyarbeit des DFV (Teil II)

Für das Buchprojekt „Lobbying in der Praxis“ führte Melanie Fromm (HTW Berlin/HWR Berlin) ein Interview mit Torben Leif Brodersen, DFV-Geschäftsführer, zur Interessenvertretung des Verbandes zum Thema Altersvorsorgepflicht für Selbstständige.

Der Blog-Beitrag zeigt, wie der DFV die Interessenvertretung wahrnimmt. Im ersten Teil unseres Blog-Beitrages berichteten wir von der Ausgangssituation und den beteiligten Akteuren. Der zweite Teil beschäftigt sich nun mit der Lobbystrategie, die Erarbeitung der Botschaft und Argumente sowie die dazu benötigten Instrumente der kommunikativen Umsetzung.

Die Strategie

Durch Beobachtung des politischen Raums wurde der DFV erstmalig auf das Thema aufmerksam. Neben Berichterstattungen und Monitoring konnten relevante Informationen hauptsächlich durch das Netzwerk zu anderen Verbänden und durch den direkten Kontakt zu Abgeordneten und politischen Vertretern erlangt werden. Auch durch die Presse wurden im weiteren Verlauf Informationen wahrgenommen, wenngleich hier aber gesagt werden muss: „Wenn man ein Thema zum ersten Mal aus der Presse erfährt, ist es bereits zu spät!“, so der Geschäftsführer Torben Leif Brodersen.

Innerhalb des Verbandes bestand von Anfang an eine übereinstimmende Meinung zu dem Thema: So liegt es im Eigeninteresse der Mitglieder, der Altersarmut weitestgehend entgegenzuwirken. Sollte sich aber die gesetzliche Regelung nicht vermeiden lassen, so besteht verbandsintern bei allen Mitgliedern zumindest der Wunsch nach einer liberalen Auslegung. An dieser Stelle wird betont, dass es bei allen politischen Themen wichtig ist, externe und damit unterschiedliche politische Stimmungen einzufangen. Auch wenn die eigene Stimmung eine andere sein mag, müssen strategische Anpassungen dieser eigenen Positionen nach außen in Erwägung gezogen werden. Erscheint es zunächst inkonsequent, ist es dennoch wichtig, um weiter gehört zu werden und eine Ausgrenzung vom Thema dadurch auszuschließen. In Anlehnung an die Positionierung seitens der Politik werden dann die Strategien des Verbandes angepasst. Im Falle der Altersvorsorgepflicht wurden hauptsächlich Positionspapiere und persönliche Kontakte zu Abgeordneten als politische Strategie genutzt.

Im Bereich der kommunikativen Strategie musste sich der DFV die Frage stellen, inwieweit es Sinn macht, das Thema der Altersvorsorgepflicht zu pushen. In diesem Fall handelte der Verband zum Beginn der Debatte zunächst offensiv. Im weiteren Verlauf wurde jedoch zur defensiven Strategie gewechselt, um sich der gegebenen Situation, die eine geringer werdende Themenrelevanz im Politikbereich bedeutete, anzupassen und dadurch eine Ausgrenzung zu vermeiden.

Die Botschaften und Argumente

Es ist nicht immer notwendig, eine zugespitzte Kernbotschaft (wie z. B. in Positionspapieren des DFV) zu übermitteln. Vielmehr ist in vielen Fällen Diplomatie gefragt, vor allem in persönlichen Gesprächen auf politischer Ebene. Auch ist es wichtig, diese Botschaften, egal ob es sich um mehr oder weniger zugespitzte Botschaften handelt, nach Zielgruppen zu differenzieren. „Nach außen verkaufe ich etwas anderes als nach innen. Es wird ein unterschiedlicher Duktus gewählt. So ist die Ansprache von Journalisten eine andere, als wenn Parteien angesprochen werden. Genauso richtet sich die Ansprache der Zielgruppen danach, ob diese mit der eigenen Meinung konform gehen oder nicht“, so der Geschäftsführer des DFV.

Im Beispiel der Altersvorsorgepflicht, nachdem seitens des BMAS in Presseberichterstattungen Wörter wie „gezwungen“ und „Überwachung“ fielen, forderte der DFV in seinen Botschaften die Politik darin auf, liberalere Ansätze zu verfolgen und somit motivierende Elemente bei der Kommunikation in den Vordergrund zu stellen sowie Maßnahmen vorzusehen, die einen finanziellen Anreiz zur Eigenvorsorge bieten. In Anlehnung an die hohe Anzahl selbstständiger Unternehmer wäre aus Sicht des Verbandes sicherlich die Vermeidung einer Gesetzgebung prioritär. Da in diesem Fall eine gesetzliche Regelung jedoch weiterhin nicht auszuschließen ist, tritt der Verband zum einen für eine möglichst liberale Auslegung der Altersvorsorgepflicht für Selbstständige ein. Zudem fordert der Verband dazu auf, dass Existenzgründer von einer Beitragspflicht ausgenommen werden, flexible Beitragszahlungen, die an die Einkommenssituation gebunden sind, ermöglicht werden sowie die Anerkennung anderweitiger Formen der Altersvorsorge zugelassen werden.

Die Instrumente

Als Instrumente für die Interessenvertretung wurden hauptsächlich Positionspapiere und Hintergrundgespräche genutzt. Hintergrundgespräche, insbesondere mit den Mitarbeitern der Abgeordneten, sind das A und O auf den unterschiedlichen Ebenen der Fraktionen und Ministerien. Auch wenn Hintergrundgespräche häufig als Kungelei empfunden werden, ist Torben Leif Brodersen der Meinung, dass gutes Lobbying nur mit einem engen Netzwerk funktionieren kann. Wird eine Pressekonferenz abgehalten, ist zwar die Wahrnehmung der Medien und somit der Öffentlichkeit gegeben, jedoch hat man damit allein noch nichts erreicht.

Der dritte Teil folgt in Kürze…

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