Selbstständigkeit mit Franchising: "Ein großer Unterschied zwischen einem leitenden Angestellten und einem Unternehmer!"

Torben L. Brodersen heute im Gespräch mit Accor-Franchisenehmer Jörg Berger

Torben L. Brodersen: Herr Berger, bevor Sie 1998 selbst Franchisepartner von Accor wurden, waren Sie bereits als angestellter Filialdirektor bei Accor tätig. Wie kam es zu Ihrem Entschluss, selbst Franchisenehmer zu werden und wie haben Ihnen Ihre Vorkenntnisse über das Franchisesystem bei Ihrer Unternehmensgründung geholfen?

Jörg Berger: Purer Zufall. Ich lernte meinen späteren Geschäftspartner Peter Semmler, damals selbst Franchisenehmer bei Accor, kennen. Ich übernahm Geschäftsanteile im Zuge eines Altersübergangs. Mittlerweile ist Peter Semmler aus Altersgründen ganz ausgeschieden und ich führe die Geschäfte als einziger Gesellschafter weiter.
Ich hatte damals von Franchising keine Ahnung. Ich wusste wie es funktioniert und was damit gemeint war, mehr nicht. Selbst bei Accor gab es zu dieser Zeit nur eine Handvoll Franchisenehmer, so dass dieses Thema für mich kein sehr großes war.
Meine Vorkenntnisse über die Marke Mercure und den Accor Konzern in Deutschland waren exzellent, da kannte ich mich aus und war gut vernetzt, so dass für mich der Einstieg nicht sehr schwierig war. Produkt und Standortkenntnisse hatte ich, einen langjährigen Geschäftspartner hatte ich auch, also was sollte mir passieren – habe ich gedacht. Das der Unterschied zwischen einem leitenden Angestellten und einem Unternehmer dann doch so groß ist, war mir da noch nicht bewusst.

Torben L. Brodersen: Sie betreiben mit dem ibis Nürnberg Altstadt und dem Mercure Hannover am Entenfang zwei Hotels an hoch frequentierten Orten mit gleichzeitig einem sehr starken Wettbewerb. In wie weit unterstützt Sie die Franchisezentrale bei der Vermarktung Ihrer Standorte und in wie weit setzen Sie Marketing-Aktionen in Eigeninitiative um?

Jörg Berger: Das Paket, welches man mit Franchising bei Accor „kauft“ ist klar definiert. Wir bekommen einen starken Namen, ein gutes Produkt, wir bekommen nationalen und internationalen Sales mit den dazugehörigen Teams in den jeweiligen Destinationen auf die wir zugreifen können, wir bekommen weltweite Distribution (direkt oder indirekt) und wir erhalten ein national oder/und international geprägtes und abgestimmtes Marketing sowie die Möglichkeit die Einkaufsabteilung von Accor zu nutzen . Die Sales, Marketing und E-Commerce Experten, sowie die Telesales Abteilung, die für die Akquise, Sales und Follow-up zeichnen, helfen letztendlich das Paket „rund“ zu machen. Dieses allein kann ich in der angebotenen Bandbreite selbst nicht erledigen oder nur mit großem Aufwand, der auch bezahlt werden muss.

Die Unterstützung im regionalen Bereich ist noch ausbaufähig – gemeinsam mit den Accor Experten und den Direktoren aller Betriebsmodelle von Accor wurde nunmehr beschlossen, eine Plattform des regelmäßiger Austauschs zu schaffen – regionale Aktionen, Events etc. bekommen ein Gesicht und werden gemeinsam am Platz beschlossen und umgesetzt.

Torben L. Brodersen: Mit PLANET 21 engagiert sich Accor zugunsten der nachhaltigen Entwicklung und für das Wohlergehen unserer Erde. Wie wird diese Aktion in Ihren Franchisebetrieben realisiert und für wie wichtig halten Sie nachhaltiges Engagement in Franchisesystemen generell?

Jörg Berger: Ich denke über Sinn oder Sinnhaftigkeit von nachhaltiger Entwicklung brauchen wir heute nicht mehr reden. Es gehört zu jedem Unternehmen, welches langfristig geführt wird, einfach dazu. Unsere Kunden erwarten das auch zu Recht von uns und sind sensibel bei diesem Thema. Es gibt Kunden, die auch danach Hotels aussuchen. In Nürnberg bei ibis (wir sind ISO 9001 und 14001 zertifiziert) erfolgt dieses Engagement durch die Zertifizierung automatisch. Mitarbeiter, Geschäftsführung, Lieferanten und Gäste werden immer wieder darauf hingehend sensibilisiert.
Zum Beispiel in Hannover haben wir uns schon vor Jahren entschieden unser Warmwasser nicht mehr nur mit fossiler Energie zu erwärmen, wir sind auf eine Solaranlage umgestiegen und haben unsere Heiztechnik auf den neuesten Stand gebracht.
Auch glaube ich, dass ein nachhaltiges Engagement in Franchisesystemen ein Unterscheidungsmerkmal ist. Nicht nur zwischen einzelnen Hotels, sondern auch zwischen Systemen. Ich glaube schon hier trennt sich die Spreu vom Weizen, denn Franchise kann vielleicht „jeder“ – doch gutes und nachhaltiges Franchising eben nicht.

Torben L. Brodersen: Sie sind stellvertretender Vorsitzender im Franchisebeirat. Worin sehen Sie die Vorzüge eines solchen Beirates im Allgemeinen und für sich als Franchisenehmer?

Jörg Berger: Die Vorzüge für die Franchisenehmer bei Accor Deutschland und Accor als Franchisegeber sind mannigfaltig. Erst mal ist es sehr viel Arbeit, sehr viel Zeit, sehr viel Diskussion und sehr viel Leidenschaft, die wir Beiratsmitglieder investieren. Wir versuchen im Vorfeld durch unsere Tätigkeit schon einmal Entwicklungen oder Entscheidungen aus Unternehmersicht zu betrachten und zu analysieren. Denn nicht alles, was in einem großen Filialnetz umzusetzen ist, kann auch in kleinen Einheiten oder in selbstständig geführten Unternehmen umgesetzt werden, oder zumindest nicht 1:1. Hier versuchen wir schon sehr früh Einfluss zu nehmen. Dieses ist für Accor auch nicht immer einfach, da wir Unternehmer schon sehr zäh sein können. Auch halten wir bei aktuellen Negativtendenzen unserem Franchisegeber den Spiegel vor. Dieses Miteinander ist jedoch sehr von Vertrauen und Respekt geprägt. Ich weiß aus Berichten von Kollegen in anderen Systemen, dass es dort nicht immer so zivilisiert zu geht. Die Vorzüge für den Franchisenehmer sind, oft „Produkte“ die von allen Seiten beleuchtet und betrachtet wurden, bevor diese neu eingeführt wurden. Das heißt nicht, dass wir keine Fehler machen, wir versuchen diese zu minimieren. Denn wir kleinen Unternehmen können uns keine oder nur ganz wenige Fehlentscheidungen leisten, da es sich hier um unser eigenes Geld handelt. Und in diesem Interesse handeln wir im Franchisebeirat für alle Franchisenehmer bei Accor in Deutschland. Accor bekommt zugleich ein kostenloses Consulting und Feedback obendrauf.

Torben L. Brodersen: Bitte nennen Sie uns zum Schluss noch Ihre fünf persönlichen Praxistipps, die Sie gerne an angehende Franchisenehmer weitergeben möchten.

Jörg Berger: Nur einer: wenn der richtige Standort und eine sichere Finanzierung gefunden ist – geh zu ACCOR. Denn der größte Vorteil ist, dass Accor nicht nur ein Franchisegeber ist, sondern auch Investor und Hotelbetreiber.

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