Eine erste Bilanz zum Mindestlohn: Verunsicherung bei den Aufzeichnungs- bzw. Dokumentationspflichten

DFV veranstaltet dritten Round-table zum Thema „Mindestlohn“

Der DFV hat sich im vergangenen Jahr intensiv mit der flächendeckenden Einführung des Mindestlohnes in Deutschland auseinandergesetzt und unter anderem zwei Informationsveranstaltungen zu diesem Thema durchgeführt.

Einen Erfahrungsbericht hierzu können Sie unter folgendem Link abrufen: Die Franchisewirtschaft bereitet sich auf den Mindestlohn vor.

Nun gilt der Mindestlohn seit dem 01. Januar 2015 und es war an der Zeit, Erfahrungswerte zu diesem wichtigen Thema zu teilen und auszutauschen. Viele Fragen wurden aufgeworfen und viele Antworten stehen noch aus.

Anlässlich dieses Erfahrungsaustausches trafen sich Mitglieder des DFV mit dem Kooperationspartner der ETL Franchise in der Jannys Eis Franchise GmbH in Seevetal Maschen bei Hamburg.

I. Was haben Franchisesysteme zu beachten?

1. Durchgriffshaftung

Nach § 13 MiLoG haften Unternehmer, die andere Unternehmer mit Werk- oder Dienstleistungen beauftragen, für die Verpflichtungen dieses Unternehmers zur Zahlung von Mindestlohn grundsätzlich wie ein Bürge. Die Wahrscheinlichkeit, dass diese Regelung auch analog zwischen dem Franchisegeber und seinen Franchisenehmern greift, ist als sehr hoch einzuschätzen. Eine Dokumentation, im Rahmen der vorvertraglichen Aufklärung oder im Franchisevertrag, dass der Franchisegeber den Franchisenehmer darauf aufmerksam macht, dass dieser den Mindestlohn zu zahlen hat und dieser dies mit einer Unterschrift auch bekundet, genügt nicht und befreit den Franchisegeber bei einer Pflichtverletzung auch nicht von seiner Haftung. Daher ist es umso bedeutsamer, im Zuge der Qualitätssicherung und der dazugehörigen Auditierung, Standards für den Franchisenehmer zu schaffen, die die Einhaltung der Zahlung des Mindestlohnes an seine Mitarbeiter gewährleistet und diese auch für den Franchisegeber überprüfbar ist. Die Franchisesystemzentralen müssen demzufolge Ihren Franchisenehmern Handlungsempfehlungen und Richtlinien an die Hand geben, um Ihrer Fürsorgepflicht im Sinne einer gelebten Franchisepartnerschaft nachzukommen und dem Systemschutz Rechnung zu tragen.

2. Aufzeichnungs- bzw. Dokumentationspflichten

a. Welche Arbeitnehmer und welche Branchen sind davon betroffen

• Für alle Minijobber, branchenunabhängig
• Für alle Branchen nach § 2a SchwarzArbG
• Für alle Branchen nach AEntG, einschl. Pflege
• Eingeschränkt für bestimmte mobile Tätigkeiten nach MindestlohnaufzeichnungsVO (nur Dauer)
• (Wahrscheinlich branchenunabhängig) nicht für Arbeitsverhältnisse mit verstetigtem Einkommen von mehr als 2.958,00 EUR brutto/Monat (MiLo-DokumentationspflichtenVO)
• Branchen nach § 2a SchwarzArbG
• Branchen nach AentG
• Mobile Tätigkeiten (Voraussetzungen)
i. Arbeitnehmer mit ausschließlich mobilen Tätigkeiten,
ii. die keinen Vorgaben zur konkreten täglichen Arbeitszeit (Beginn und Ende) unterliegen und die sich
iii. ihre tägliche Arbeitszeit eigenverantwortlich einteilen

b. Was ist bei den Auszeichnungspflichten zu beachten

• Aufzuzeichnen sind Beginn, Ende und Dauer der Arbeitszeit
• Weitere Angaben sind ggf. nützlich (z. B. Angaben zu Urlaub und Krankheit, insbesondere beim Minijobber)
• Unterschrift vom Arbeitnehmer nicht vorgeschrieben, aber ggf. sinnvoll
• Rüstzeiten berücksichtigen / ArbZG beachten

3. Was muss bei der Überprüfung dem Zoll vorgelegt werden?

Die bisherige Erfahrung aus der Praxis hat gezeigt: Der Zoll interessiert bei der Überprüfung für eine große Bandbreite, welche aber noch nicht als vollständig bzw. als abschließend zu bewerten ist.

• Arbeitsverträge
• Vergütung
• Arbeitszeit bzw. Aufzeichnung der Arbeitszeit(en)
• Pausenzeiten
• etwaig weitere Beschäftigungsverhältnisse
• Höchstarbeitszeiten, auch und bei mehreren Arbeitsverhältnissen (ArbZG)
• Überschreitungen, auch nur um wenige Minuten, werden geahndet
• Befragung von Mitarbeitern

II. Fazit

Aus den Reihen der teilnehmenden Franchise-Unternehmen war einhellig zu entnehmen, dass die juristische und die betriebswirtschaftliche Umsetzung des Mindestlohnes durch die Franchisenehmer bisher keine größeren Schwierigkeiten bereitet.

Dennoch besteht Verunsicherung gerade bei den sogenannten Aufzeichnungs- bzw. Dokumentationspflichten. Diesen nachzukommen ist mit erheblichem bürokratischem Zeitaufwand verbunden. Gerade junge und kleine Franchisesysteme stehen hier vor einer großen administrativen Hürde, welche schwerlich im Alltags- und Geschäftsbetrieb zu erklimmen ist. Auch die Überprüfungspraxis des Zolls wirft Fragen auf: was ist erforderlich und was ist rechtlich überhaupt zulässig? Weiterhin besteht keine Klarheit darüber, inwieweit eine Durchgriffshaftung auch innerhalb von Franchisesystemen zum Tragen kommt. Hier bleibt der Gesetzgeber zu unbestimmt und überlässt diese Entscheidung den Gerichten.

Mitglieder des DFV erhalten die exklusiven Informationen beim DFV oder bei der ETL Franchise unter schmelzle@franchiseverband.com (Jan Schmelzle) oder unter www.etl-rechtsanwaelte.de

Im zweiten Halbjahr 2015 wird es einen dritten Round-table zum Thema Mindestlohn geben. Der Termin wird separat bekannt gegeben.

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