Die typische Werbung von Franchisesystemen wird nicht in Frage gestellt – Zu den Entscheidungen des BGH in Sachen Fressnapf

Mit Urteil vom 4. Februar 2016 (Aktenzeichen I ZR 194/14) hat der Bundesgerichtshof (BGH) einen Werbeflyer von Fressnapf in einem bestimmten Punkt wettbewerbsrechtlich beanstandet. Dieses Urteil wird mitunter so verstanden, dass es die Werbung von Franchisesystemen erheblich erschwert. Diese Sichtweise wird der Entscheidung des BGH im Ergebnis nicht gerecht. Mit anderen Worten: man sollte die Bedeutung der Entscheidung nicht überschätzen. Das Urteil des BGH stellt die typische Werbung von Franchisesystemen nicht in Frage. Das folgt bereits aus dem Urteil selbst und wird durch einen (in demselben Verfahren auf eine Anhörungsrüge hin ergangenen) Beschluss des BGH vom 28. April 2016 erfreulicherweise klargestellt. Der BGH hatte über eine bestimmte Einzelfallkonstellation zu entscheiden, die sich einer Verallgemeinerung entzieht.

Hintergrund

Bewirbt ein Franchisegeber zugunsten aller Teilnehmer des Franchisesystems Waren oder Dienstleistungen mit einem bestimmten Preis, ist dieser Preis regelmäßig mit einem Hinweis bzw. einer Sternchenfußnote versehen wie „Gilt nur in teilnehmenden Betrieben.“. Dieser Hinweis ist rechtlich notwendig, um den Kunden die Möglichkeit abweichender Preise vor Augen zu führen. Denn ein Franchisenehmer ist in der Gestaltung seiner Preise grundsätzlich frei und braucht dementsprechend den vom Franchisegeber beworbenen Preis nicht umzusetzen.

Zudem kann es notwendig sein, dass der mit einem Preis werbende Franchisegeber (oder der Franchisenehmer, wenn er selbst eine Werbung schaltet) in der Werbung seine Identität bzw. seinen Firmennamen sowie seine Anschrift nennt – untechnisch „Impressumspflicht“ genannt. Diese so genannte Impressumspflicht folgt aus dem Wettbewerbsrecht (§ 5a Abs. 3 Nr. 2 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb – UWG).

Im Fall des BGH ging es um einen Werbeflyer von ca. 20 Seiten, in dem mehr als 100 Produkte mit dazugehörigen Aktionspreisen beworben wurden. Sämtliche Angebote wurden darin als „ausschließlich unverbindliche Preisempfehlungen und nur in teilnehmenden Märkten erhältlich“ angeboten. Auf der letzten Seite des Werbeflyers waren die Anschriften und Telefonnummern von acht örtlich in der Nähe liegenden, von Franchisenehmern geführten Märkten aufgeführt; jedoch nicht deren Identität oder der Hinweis, ob der betreffende (örtlich in der Nähe liegende) Franchisenehmer-Markt an der Werbung teilnimmt. Ein Verbraucherverband klagte dagegen mit der Begründung, dass aus der Werbung nicht hervorgehe, in welchen Märkten die Angebote tatsächlich verfügbar seien.

Die BGH-Entscheidungen vom 4. Februar und 28. April 2016

Der BGH hat diese Werbung wettbewerbsrechtlich beanstandet. Es genüge nicht, nur Identität (Firmenname) und Anschrift der örtlich in der Nähe liegenden Märkte anzugeben. Vielmehr müsse der Franchisegeber bereits im Werbeprospekt auch klar, verständlich und eindeutig angeben, welche dieser von ihm auf der letzten Seite des Prospekts im Einzelnen mit Namen und Anschrift aufgeführten Märkte an der Verkaufsaktion teilnehmen und die beworbenen Produkte zu den angegebenen Preisen anbieten. Andernfalls werde dem Verbraucher eine wesentliche Information vorenthalten und der Franchisegeber verletze seine Informationspflicht jedenfalls hinsichtlich der in der Nähe liegenden Märkte (vgl. BGH, Urteil vom 4. Februar 2016 und Beschluss vom 28. April 2016, Aktenzeichen I ZR 194/14).

Stellungnahme

Um diese Entscheidung zutreffend einzuordnen, sind maßgeblich zwei Dinge zu berücksichtigen:

Zum einen hat der BGH seiner Entscheidung einen abgewandelten und damit letztlich atypischen Sachverhalt zugrunde gelegt. Mit der Begründung, der Sternchenfußnotenhinweis „ausschließlich unverbindliche Preisempfehlungen und nur in teilnehmenden Märkten erhältlich“ sei zu klein gedruckt, hat er diesen Hinweis als nicht existent behandelt. Über die Angebotswerbung eines Franchisegebers, die einen hinreichend deutlichen Sternchenfußnotenhinweis enthält, hat der BGH demzufolge gar nicht entschieden.

Vor allem aber knüpft der BGH seine Entscheidung an die Besonderheit, dass der Werbeflyer acht örtlich in der Nähe liegende Märkte nannte, ohne die Identität derjenigen Märkte kenntlich zu machen, die an der beworbenen Verkaufsaktion teilnahmen. Für diese acht Märkte ist es aus Sicht des BGH jedoch nötig, dem potentiellen Kunden eine Information an die Hand zu geben, welche dieser Märkte an der Verkaufsaktion teilnehmen. Dagegen hat der BGH ausdrücklich offen gelassen, ob es darüber hinaus auch erforderlich wäre, für sämtliche dem Franchisesystem angehörenden Franchisenehmer (das können hunderte Franchisenehmer sein) die Identität all derer anzugeben, die an der Verkaufsaktion teilnehmen. Und genau das nimmt der Entscheidung die auf den ersten Blick bestehende Schärfe. Denn in der Mehrzahl listen Franchisesysteme Identität und Anschrift ihrer Franchisenehmer online auf (z.B. in der Rubrik „Shop-Finder“), ohne jedoch danach zu differenzieren, ob ein Franchisenehmer an einer bestimmten Verkaufsaktion teilnimmt oder nicht.

In seinem Beschluss vom 28. April 2016 (Aktenzeichen I ZR 194/14) bestätigt der BGH diese Interpretation seines Urteils vom 4. Februar 2016. Der BGH führt in diesem Beschluss aus:

Der [BGH] hat dort [in dem Urteil vom 4. Februar] nicht ausgeführt, [der Franchisegeber] sei verpflichtet, alle jeweils teilnehmenden Märkte aufzulisten. Er hat vielmehr angenommen, [der Franchisegeber] sei dann, wenn er (die örtlich in der Nähe liegenden) Märkte aufliste, verpflichtet, die (an der beworbenen Aktion) teilnehmenden Märkte zu nennen (BGH, Urteil vom 4. Februar 2016 I ZR 194/14). Diese Verpflichtung beruht auf der Erwägung, dass [der Franchisegeber] mit der Nennung dieser Märkte […] den – nicht zutreffenden – Eindruck erweckte, diese Märkte nähmen an der beworbenen Aktion teil. […]

Der [BGH] hat im Urteil vom 4. Februar 2016 ausdrücklich offengelassen, ob eine Verpflichtung [des Franchisegebers] bestand, in dem angegriffenen Werbeprospekt nicht aufgelistete Märkte, die an der beworbenen Aktion teilnahmen, zu nennen. Das von der Anhörungsrüge als übergangen beanstandete Vorbringen der Revision war von diesem Standpunkt des [BGH] aus nicht entscheidungserheblich.

Mit anderen Worten: ein Franchisegeber, der für das Franchisesystem eine Angebotswerbung schaltet, ohne dort örtlich in der Nähe befindliche Betriebe aufzulisten, kann den Hinweis „Gilt nur in teilnehmenden Betrieben.“ unverändert verwenden (vorausgesetzt, der Hinweis ist hinreichend deutlich angebracht). Diesen schon fast altehrwürdigen Hinweis – der auch in Vertragshändler- und Verbundgruppensystemen ständiger Praxis entspricht – hat der BGH in seinem Urteil vom 4. Februar 2016 demnach nicht „kassiert“.

Der Dank gilt den Autoren:

Rechtsanwalt Dr. Tom Billing (Noerr LLP)

Syndikus Dr. Matthias Steegmann (OBI Group Holding SE & Co. KGaA)

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