Der Ausgleichsanspruch des Franchisenehmers – Ursprung und Entwicklung (Teil 1)

I. Einleitung

Der Ausgleichsanspruch des Franchisenehmers ist von enormer Bedeutung bei Vertragsbeendigung. Deshalb wollen wir uns in zwei Beiträgen mit dieser Thematik beschäftigen und den Ursprung, die prägendsten Urteile und die heutige bestehende Rechtslage beleuchten.

Als Grundlage für diese Reihe dient der Aufsatz unseres assoziierten Experten Dr. Helmut Liesegang: “Der Ausgleichsanspruch eines Franchise-Nehmers nach Handelsvertretergrundsätzen in der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH)” aus dem Jahrbuch Franchising 2016/20.

II. Ursprung

Der Ausgleichsanspruch, geregelt in § 89b HGB, sorgt dafür, dass der Handelsvertreter einen Ausgleich für seinen Kundenstamm bekommt, den er neu

aufgebaut hat und der Geschäftsherr nach Beendigung des Vertrages weiterhin nutzen kann.

Der Franchisenehmer ist als selbstständiger Unternehmer jedoch kein Handelsvertreter. Daher kann auch der Ausgleichsanspruch zwischen Franchisegeber und Franchisenehmer nicht direkt angewendet werden. Eine Anwendung des § 89b HGB kommt somit nur analog in Betracht.

III. Prägende Urteile

Dafür gibt der BGH entsprechende Voraussetzungen vor, die sich mit der Zeit entwickelt haben und in den folgenden Urteilen skizziert werden.

 Die Benetton I-Entscheidung

Der BGH stellte 1997 innerhalb der sog. „Benetton I-Entscheidung“ fest, dass eine höchstrichterliche Entscheidung hinsichtlich einer analogen Anwendung des § 89b HGB auf Franchisesysteme bis dato noch nicht vorhanden war. In diesem konkreten Fall  mangelte es dem BGH an der erforderlichen Verpflichtung des Händlers den Kundenstamm übertragen zu müssen und ließ deshalb offen, ob auch ein tatsächliches Verbleiben des Kundenstamms die erforderliche Verpflichtung ersetzen kann.

BGH, Urt. v. 23.07.1997 – VIII ZR 130/96

Das Joop-Urteil

Auch hier lag kein Franchiseverhältnis vor, sondern eine Lizenvereinbarung. Hierbei kam ebenso keine direkte Anwendung in Betracht. Vielmehr wurde hier erneut festgestellt, dass die Regelungen des § 89b HGB auch auf „andere Personen“ anwendbar ist.

Aus dem Urteil ergaben sich aber die folgenden Grundsätze:

  • Kein Ausgleichsanspruch beim Produkt – und Dienstleistungsfranchising, da keine Waren des Franchisegebers vertrieben werden
  • Ausgleichsanspruch beim klassischen Vertriebsfranchising möglich, wenn Franchisegeber Waren als Hersteller oder Lieferant selbst zur Verfügung stellt.

 BGH, Urt. v. 29.04.2010 – I ZR 3/09

 IV. Ausblick

Damit ist zunächst festzuhalten, dass ein Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB zwar zwischen Franchisenehmer und -geber möglich ist, jedoch eine Hohe Hürde aufgrund diverser Voraussetzungen vorhanden ist.

Im folgenden Beitrag beschäftigen wir uns mit dem neuesten BGH-Urteil, aus dem Jahr 2015, sowie der daraus resultierenden aktuellen Rechtslage.

 Verfasser: Arne Dähn

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