Es ist schnell vergessen, so ein Sternchenhinweis. Ein böses Erwachen ist dann die Folge, nicht nur in der Fast-Food-Systemgastronomie. Denn ein unzureichender Hinweis auf teilnehmende Betriebe in der Werbung kann vertrags- und kartellrechtliche Konsequenzen haben. Was es hier in jedem Fall zu bedenken gibt, das haben Prof. Karsten Metzlaff und Dr. Tom Billing in ihrem Gastbeitrag zur „King des Monats“-Entscheidung des Landgerichts München I zusammengefasst.
Einleitung
Das Landgericht München I hat mit Urteil vom 26.10.2018 (Az.: 37 O 10335/15) eine neue Fallgruppe verbotener Wettbewerbsbeschränkungen nach § 1 GWB innerhalb eines Franchisesystems geschaffen. Es sah den Hinweis auf teilnehmende Betriebe in der TV-Werbung eines Systemgastronomie-Franchisegebers als unzureichend an und nahm deshalb einen Verstoß gegen das Preisbindungsverbot an. Darüber hinaus enthält die Entscheidung aufrüttelnde Feststellungen für alle Franchisesysteme, die in ihren Franchiseverträgen die beim Franchisegeber zentralisiert gebündelte Durchführung von Werbemaßnahmen zum Nutzen des gesamten Systems vorsehen. Es bleibt abzuwarten, ob diese Entscheidung in der zweiten Instanz hält.
Sachverhalt
Die klagenden Franchisenehmer (FN) betreiben Schnell-Restaurantbetriebe, der beklagte Franchisegeber (FG) betreibt ein Systemgastronomie-Konzept. Die Franchiseverträge sehen umsatzbezogene Werbekostenbeiträge der FN vor. Die Werbekostenbeiträge sollen zum allgemeinen Nutzen der Franchise-Restaurants für Werbung verwendet werden.
Der FG nutzte die Werbekostenbeiträge u.a. dazu, Produkte des Menüangebots zu Niedrigpreisen zu bewerben. So fanden über mehrere Jahre in regelmäßigen Abständen die TV-Werbeaktionen „King des Monats“ und „Probierwochen“ mit wechselnden Produkten statt, insbesondere Burgern. Hierbei wurde jeweils am Ende des Spots für 2 bis 3 Sekunden in kleiner Schrift horizontal am unteren oder vertikal am seitlichen Bildschirmrand der Hinweis „In allen teilnehmenden Restaurants. Solange der Vorrat reicht. Unverbindliche Preisempfehlung“ eingeblendet. Die in der Werbung in großer Schrift enthaltene Preisangabe war dabei nicht mit einem sog. Sternchenhinweis (= zwei aufeinander Bezug nehmende Sternchen) versehen.
Die FN waren mit den Werbeaktionen des FG nicht einverstanden. Sie nahmen unter Hinweis auf den ihnen dadurch entstehenden wirtschaftlichen Schaden zunächst nicht an den Werbeaktionen teil, gaben jedoch später (ab Mitte 2013) ihren Widerstand gegen die Werbemaßnahmen auf.
Durch die Teilnahme an den Werbeaktionen und den damit verbundenen niedrigen Preisen erhöhte sich zwar der Umsatz der FN und damit auch der umsatzbezogene Franchisegebühren- und Werbekostenbeitrag. Im Gerichtsverfahren machten die FN jedoch geltend, die Teilnahme an den Werbeaktionen sei für sie defizitär gewesen. Profitiert habe nur der FG, da durch die Umsatzsteigerung bei den FN die Franchisegebühren gestiegen seien.
Zudem gehe von der Werbung des FG trotz des Hinweises auf die „unverbindliche Preisempfehlung“ eine faktische Bindungswirkung aus. Denn die FN seien im Geschäftsbetrieb verständnislosen Kunden ausgesetzt, die aufgrund der Werbeaktionen davon ausgingen, dass sie auch in den Restaurants der FN z.B. den „King des Monats“ zum beworbenen günstigen Preis bekämen.
Mit der Klage begehrten die FN u.a. die Verurteilung des FG, es zu unterlassen, die Werbekostenbeiträge der FN für die Werbeaktionen „King des Monats“ und „Probierwochen“ zu verwenden.
Die Entscheidung
Das LG München I entschied zugunsten der FN. Seine Entscheidung begründete das Gericht wie folgt:
Die Werbekostenbeiträge seien vom FG nicht zum „allgemeinen Nutzen der Franchise-Restaurants“ (Pflicht aus Ziff. 9 Abs. 2 des Franchisevertrags) eingesetzt worden. Denn die Werbespots hätten gegen das Kartellverbot (Verbot abgestimmter Verhaltensweisen) sowie das Preisbindungsverbot verstoßen. Die Werbemaßnahmen des FG hätten nicht in ausreichendem Maße darauf hingewiesen, dass nicht alle Restaurantbetriebe des Franchisesystems an den beworbenen Preisaktionen teilnehmen.
Der in den TV-Spots enthaltene Hinweis „In allen teilnehmenden Restaurants. Solange der Vorrat reicht. Unverbindliche Preisempfehlung.“ reiche zur Klarstellung nicht aus, da er für den Betrachter kaum wahrnehmbar sei. Der Zuschauer habe zudem keinen Anlass, den kleingedruckten Hinweis zu lesen, da auf diesen nicht mittels eines Sternchens am Preis Bezug genommen werde. Dies führe dazu, dass die von der Werbung angesprochenen Verkehrskreise die dort genannten Preise ausnahmslos auf alle Franchisenehmer des Systems bezögen.
Es handele sich bei den Aktionen „King des Monats“ und „Preiswochen“ auch nicht um freistellungsfähige kurzfristige Sonderangebotskampagnen von 4 bis 6 Wochen, welche die EU-Kommission ausnahmsweise als erlaubt ansieht. Vielmehr habe es sich um über mehrere Jahre hinweg einheitliche Werbeaktionen gehandelt, unabhängig davon, ob die Produkte gewechselt hätten.
Fazit
Die Entscheidung des LG München I verdient erhöhte Aufmerksamkeit. Sie betrifft die häufige Werbung eines Franchisegebers mit unverbindlichen Preisempfehlungen.
Der Annahme eines Verstoßes gegen das Preisbindungsverbot in der beschriebenen Weise (kleine Schrift, kurze Einblendungszeit, kein Sternchenhinweis) kann im Ergebnis noch gefolgt werden. Über die Dauer der Einblendungszeit des Unverbindlichkeitshinweises sowie über die Größe der Schrift kann man zwar streiten. Richtig dürfte allerdings sein, für die Bezugnahme des Preises auf den Unverbindlichkeitshinweis das Sternchen (= Hinweis auf eine Fußnote) als unerlässlich anzusehen.
Fraglich ist allerdings, ob es sich nicht um ausnahmsweise erlaubte kurzfristige Sonderangebotskampagnen von 4 bis 6 Wochen gehandelt hat. Denn wenn anscheinend Sonderangebotskampagnen von 4 bis 6 Wochen für alle Produkte gleichzeitig erlaubt sind, können Sonderangebotskampagnen für verschiedene Produkte durchaus hintereinander geschaltet werden. Trotzdem hat das Gericht diese letzte „Rettungsmöglichkeit“ der festgestellten Preisbindung abgelehnt. Jedenfalls diese Frage hätte man anders beurteilen können.
Falsch dürfte die Annahme des LG München I sein, dass Werbemaßnahmen des Franchisegebers abgestimmte Verhaltensweisen im Sinne des Kartellverbotes (§ 1 GWB) darstellen. Eine allgemeine franchisevertragliche Zustimmung der Franchisenehmer zur zentralisierten Werbung des Franchisegebers ist noch kein wettbewerbsbeschränkendes abgestimmtes Verhalten. Die allgemeine Werbung liegt in der Natur des Franchisesystems und ist unerlässlich, damit Franchisesysteme auf dem Markt auftreten. Es fehlt daher schon an einer Wettbewerbsbeschränkung.
Auch in der „widerspruchslosen“ Teilnahme an den Werbemaßnahmen durch die Franchisenehmer liegt kein abgestimmtes Verhalten. Vielmehr ist der Franchisenehmer regelmäßig vollkommen frei darin zu entscheiden, ob er an den Werbeaktionen teilnimmt. Die bloße Tatsache, dass er sich zur Teilnahme entscheidet, ist lediglich Ausfluss seines autonomen Handelns.
Die Entscheidung des LG München I ist noch nicht rechtskräftig. Es bleibt zu hoffen, dass die nächste Instanz diese Entscheidung kassieren wird, so dass man sich nur noch an eine über die Stränge geschlagene und eher praxisferne „King des Monats“-Entscheidung des LG München I erinnern wird.
Zu den Autoren:
Prof. Dr. Karsten Metzlaff ist Partner bei Noerr LLP. Seit über 20 Jahren betreut er zahlreiche namhafte Franchisesysteme bei ihrem Aufbau und ihrer Expansion im In- und Ausland. Er zählt zu den Top-Experten auf diesem Gebiet (siehe „The International Who is Who of Franchise Lawyers“). Karsten Metzlaff studierte Rechtswissenschaft in Münster und Hamburg, in der Schweiz (Lausanne) und in England (London). Er ist Assoziierter Experte im Deutschen Franchiseverband und Mitglied in dessen Rechtsausschuss, Autor zahlreicher Veröffentlichungen sowie Referent zum Franchiserecht im In- und Ausland (u.a. als Chairman des International Franchising Committee der International Bar Association).
Dr. Tom Billing ist Partner bei Noerr LLP. Er betreut seit mehr als zehn Jahren zahlreiche namhafte nationale und internationale Franchisesysteme bei ihrem Aufbau und bei der Expansion ihres Vertriebssystems im In- und Ausland sowie bei vertriebsrechtlichen Auseinandersetzungen. Dr. Billing studierte Rechtswissenschaften in Berlin und München. Er ist Assoziierter Experte im Deutschen Franchiseverband und Mitglied in dessen Rechtsausschuss, Autor zahlreicher Veröffentlichungen sowie Referent zum Franchiserecht.