Neue Ansätze für die Lösung des uralten Problems “Wie gehe ich mit neuen Mitarbeitergenerationen um?” liefert unser Assoziierter Experte Simon Kentsch in der aktuellen FRANCHISEconnect. Vertiefend geht er auch in diesem Gastbeitrag auf bestehende Klischees rund um den Kollegennachwuchs ein und gibt praktische Handlungsempfehlungen für eine erfolgreiche Mitarbeiterführung der Generationen Y und Z.
Auf dem Weg zum Teammeeting mit sechs jungen Führungskräften findet sich Thomas, selbst in leitender Position, in einem Gedankenkarussell: “Du Chef, einen Scheiß muss ich! Genau das werden sie zumindest denken über die „Extrameile“, die zu gehen ich von ihnen erwarte. Dabei haben sie sich für diese verantwortungsvolle Aufgabe selbst entschieden. Und nun scheint einzig und allein ihre Work-Life-Balance zu zählen. Zu meiner Zeit wäre ich froh gewesen, solche Chancen zu bekommen“. Thomas blickte dabei überhaupt nicht weit zurück, denn er ist mit seinen 42 Jahren selber noch Teil der jüngeren Generation X. Seine Mitarbeiter sind hingegen zwischen 1980 bis 2020 geboren und somit Teil der Generation Y oder Generation Z – „zwei verschiedene Welten“ beschreibt Thomas immer seinem Freundes- und Familienkreis. Nun war er in einer Marketingabteilung leitender Angestellte mit diesem Team und einem unzähligen Erfahrungsschatz aus dem Alltag mit dieser „Truppe“, wie er sie immer nennt.
Die Jugend liebt heutzutage den Luxus. Sie hat schlechte Manieren, verachtet die Autorität, hat keinen Respekt vor den älteren Leuten und schwatzt, wo sie arbeiten sollte. Die jungen Leute stehen nicht mehr auf, wenn Ältere das Zimmer betreten. Sie widersprechen ihren Eltern, schwadronieren in der Gesellschaft, verschlingen bei Tisch die Süßspeisen, legen die Beine übereinander und tyrannisieren ihre Lehrer.
Eines Abends erzählt einer seiner Freunde nach einer weiteren „Story of my life“ von Thomas von einem Zitat, was er am selben Tag gelesen hat – ein Zitat, welches genau die Erfahrungen von Thomas wiederspiegelt. Er ist also nicht alleine. Und genau diesen Gedanken hatte er als geplagte Führungskraft sofort und fasste selber zusammen „ein wenig hochnäsig ausgedrückt, aber genau das ist es wovon ich Euch immer erzähle“. Als sein Freund anfing zu grinsen, ahnte er, dass es da einen Haken gibt: „War Sokrates auch Unternehmer oder Führungskraft?“. Das Zitat stammt nämlich von niemand geringeren als von Sokrates, dem griechischen Philosophen, wobei das noch interessantere die Zeitspanne war, zu dem dieses Zitat entstand: um 469 v.Chr. Ein ganz schön altes Problem. Thomas wurde nicht nur klar, dass er nicht alleine mit diesem Problem war, sondern auch, dass es Lösungen zu diesem alten Problem geben musste: „In all den Jahrtausenden und Jahrzehnten gab es also diese Konflikte zwischen Jung und Alt, dann gab es genauso sicherlich auch Lösungsansätze. Ich muss diese ´zwei Welten´ noch besser verstehen, ich muss mein junges Team im nächsten Teammeeting wohl ganz anders ansprechen und dafür besser nachvollziehen, wieso es zu diesen Missverständnissen kommt.“.
Eines der ältesten Klischees, Vorurteile oder doch nicht?
Am nächsten Morgen ließ er seinen Worten Taten folgen und erforschte nun, wie er zu Studienzeiten gewohnt war, die verschiedenen Generationen. Er fand heraus, dass auch diese Eigenschaft seiner Generation gerecht wird. Die Generation X (1965-1979) sei rational und karriereorientiert und so nickte Thomas zustimmend. Als er über den Tellerrand schaute und sich mit den Schubladen zu seinen jungen Führungskräften auseinandersetzte, war er genauso überzeugt von den Eigenschaften, die er las: Die Generation Millenials, NEXT, Generation Praktikum (1980-2000) sei „anspruchsvoll, … sprunghaft, … und benötigt viel Unterstützung“. Alles wahre Worte und so wurden Thomas Gedanken zum nächsten Teammeeting unterstützt.
Er entdeckte aber auch nach und nach mit seinem rationellen Blick Textpassagen, Studien und Erfahrungsberichte, die ihm im Verlauf vieles klar machte. Auf dem Weg zu dieser Erkenntnis fasste er noch einmal diese für ihn erkannten Klischees zusammen. Klischees, die er über Jahre mit sich durch den Alltag trug und die so seine Brille formten – die Brille mit einer gewissen Sehschärfe auf seinen Führungsnachwuchs.
Klischee 1
Die junge Generation und ihre schlechten Manieren…
“Sie hat schlechte Manieren, verachtet die Autorität (…)”
Eine spannende Untersuchung ergab das Gegenteil: Jüngere Generationen wirken im Zusammenspiel mit Älteren sogar eher schüchtern, wenig initiativ und brauchen viel Anlaufzeit, um warm zu werden: “Die Älteren haben hier den Laden geschmissen, aber mir ging es dabei auch gut”. Sie suchen eher sogar nach starken Charakteren, Mentoren, die bei ihrem eigenen Weg Unterstützung bieten“. (Lackner, 2018)
In seinen Notizen fasste Thomas zusammen: Klischee Nummer 1 nicht bestätigt. „Auch wenn das nur eine Studie ist – sie öffnet mir die Augen“. Mit der Brille, die Thomas auf hatte, hätte er wohl auch ein freundliches „Hallo Chef“ als schlechte Manieren interpretiert (kennt der Mitarbeiter meinen Namen nicht…) und er schmunzelte. Er merkte sich, dass er wohl genau das weniger sein sollte „der Chef“ und viel mehr seine „Truppe“ als Mentor unterstützen sollte.
Klischee 2
Die faule junge Generation, keine Anstrengung mehr…
“Die jungen Leute (…) legen die Beine übereinander.”
Die Faulheit der jungen Generation ist mitunter mehr auf die Arbeitszufriedenheit zurückzuführen, als bei weiteren Generationen: Im Umkehrschluss heißt das aber auch – mit einer hohen Zufriedenheit wird auch eine überdurchschnittliche Leistung gezeigt. Eine emotionale Arbeitgeberbeziehung rückt dafür noch mehr in den Mittelpunkt – die Weiterentwicklung ist dafür ein starkes Bindungsmittel (Gallup, 2018). Der Zusammenhang von Mitarbeiterzufriedenheit und Unternehmenserfolg ist dabei nachgewiesen: Es lohnt sich also (Great Place to Work, 2008)!
Thomas wurde von Impuls zu Impuls klarer, dass er sich hätte früher damit beschäftigen müssen: „In meiner Marketingarbeit mache ich doch auch nichts anderes – Erforschung der Zielgruppe, der Klicks und Leads und dann ein regelmäßiges Anpassen von Kampagnen“. So fasste Thomas erneut zusammen „Klischee Nummer 2 nicht bestätigt“ und schrieb sich ein „Arbeitszufriedenheit !!! lohnt sich“ auf. Das ist aber wohl tatsächlich wichtiger geworden in den vergangenen Jahrzehnten und Thomas wurde mit dem nächsten Klischee auch klar, warum das so ist.
Klischee 3
Die junge Generation schaut nur noch auf ihr Privatvergnügen…
“Sie widersprechen ihren Eltern, schwadronieren in der Gesellschaft (…)”
Der Versuch aufzuzeigen, welche Ereignisse welche Eigenschaften bei der jungen Generation geprägt hat, zeigt dass vor allem der hohe Wettbewerbscharakter und verkürzte Innovationszyklen das Maß an “Flexibilität” bei der Jung-Generation (Schulenburg, 2016). Das daraus entwickelt Unwort “Work-Life-Balance” bestätigt sich mehrfach: Die positive Seite ist allerdings auch, dass die Generation zwar während der Arbeit auch private Inhalte mit einfließen lässt und auf einen hohen Anteil an Privat-Verwirklichung setzt – aber auch im Privaten etwas für die Arbeit unternimmt (Bsp. Urlaubs-Erreichbarkeit) (DGfP e.V., 2011): Es entsteht ein neues Unwort: Der Wunsch nach einem “Work-Life-Blend”
So wie er in vielen Punkten den beschriebenen Generationseigenschaften schnell zustimmte, überraschte ihn dieser Blick, dass sogar seine eigene „Altersklasse“ eher das Work-Life-Balance Unwort prägte, als die folgenden Generationen. Wirklich zustimmen wollte er nicht, aber sah die Chance in der Vernetzung von Privat und Arbeit für seinen Führungsnachwuchs. Mit einer ehrlichen Reflektion tauchten dann auch einige prägende Beispiele auf, wo Teammitglieder völlig selbstverständlich am Wochenende, im Urlaub oder spät abends antworteten. So war Thomas klar „Klischee drei nicht bestätigt“ und er notierte sich zum Fazit „Wir müssen den Wettbewerb als Arbeitgeber gewinnen“.
Zusammenfassung und Handlungsempfehlungen
Umso länger Thomas sich damit auseinandersetze, umso klarer wurde ihm, dass genau diese Arbeit seine Verantwortung als Führungskraft war – so wie es eine Verantwortung als Marketingexperte ist, Kampagnen zum Erfolg zu führen, muss er sein Team ebenfalls zum Erfolg führen. Mit allen Gegebenheiten, Klischees und individuellen Ansprüchen der Generation. Ihm wurde klar, dass das Thema ein „Evergreen“ sei, und man diese „technischen Voraussetzungen“ seiner Mannschaft besser verstehen muss, um sie besser im Alltag zu „bedienen“. Da fiel ihm auf, „zu rationell ist sicherlich auch kein guter Weg nach Rom“. So schaute er sich nochmal seine Notizen an und begann anschließend das Teammeeting neu zu planen:
// Klischee 1
Die junge Generation und ihre schlechten Manieren… ist nicht bestätigt. Thomas hatte sich darüber hinaus auch notiert „Mentor sein und den Vorteil als ältere Generation nutzen – mit Erfahrung und Wissen punkten, nicht mit Jobtitel“.
// Klischee 2
Die faule junge Generation, keine Anstrengung mehr… nicht bestätigt. Die Arbeitszufriedenheit steht im Mittelpunkt der Generation und wird einfach gefördert durch Mitarbeiterentwicklung, Feedbacks, und herausfordernden Aufgaben und vor allem durch ein „Warum“ hinter der Arbeit. Logisch, dass die Generation nicht umsonst auch „Generation whY“ genannt wird, dachte sich Thomas und notierte dieses Fazit abschließend.
// Klischee 3
Die junge Generation schaut nur noch auf ihr Privatvergnügen… nicht bestätigt. Ebenso logisch ist es, wenn Generationen zu Generationen noch mehr „größer“ und „mehr“ kennenlernen, dass sie genau das auch lieben lernen und als selbstverständlich ansehen. Somit wurde aber auch eine dauerhafte Vernetzung geschaffen und wenn ich es schaffe, als Mentor aufzutreten, mit herausfordernden Aufgaben und der passenden Entwicklung dorthin zu begeistern… werde ich die Performance meines Teams auch stark positiv beeinflussen können – bis hin zum „Work-Life-Blend“!
Eine Geschichte nach wahrer Begebenheit …
So oder so ähnlich waren sicherlich auch Ihre Gedanken, Mythen und Aufreger im Führungsalltag – oder ehrlich gesagt, sie sind es sicherlich auch noch weiterhin. Manchmal helfen kleine Impulse, um neue einfache Wege aufzudecken und anders zu denken. Thomas und ich laden Sie dazu sein, sich auch mit dem Erfolgsfaktor „Talente“ auseinanderzusetzen. Wie Thomas macht es immer Sinn mit einem objektiven Blick zu starten, um möglicherweise eigene bestehende Brillen abzusetzen – gehen Sie für diesen objektiven Blick den ersten Schritt über simonkentsch.de/franchise/ und lassen Sie uns ihre Mythen individuell aufsprengen und ihren eigenen Erfahrungsbericht schreiben. Starten Sie also heute mit Ihrem Nachwuchs von morgen!
Zum Autoren:
Simon Kentsch ist studierter Wirtschaftspsychologe. Derzeit promoviet er zum Thema “Professionalisierung von Nachwuchsmanagemententwicklung in deutschen Unternehmen”. Viel eigene Führungserfahrung sammelt er zudem als Head of Operations einer Unternehmensgruppe mit 30 deutschlandweiten Standorten. Kentsch ist ausserdem Assoziierter Experte im Deutschen Franchiseverband.