Gastbeitrag: Dr. Daisy Walzel, LL.M. (oec.) , Rechtsanwältin / Partnerin, DWF Germany Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Köln
Presseberichten zur Folge sind bei verschiedenen Kartellbehörden Beschwerden gegen die Fastfood-Kette McDonald’s eingegangen. Im Raum der teils widersprüchlichen und nebulös bleibenden Presseberichte steht insbesondere der Vorwurf, dass McDonald’s die eigenen Produkte in den konzerneigenen Filialen billiger anbiete, als dies den Franchisenehmern in ihren Betrieben „erlaubt“ sei. Dabei ist auch von einer problematischen Kopplung von Mietverträgen mit überhöhten Mieten an die Lizenzverträge die Rede. Diese würden Franchise-Nehmer zwingen, die Miethöhen an die Kunden weiterzureichen.
In Deutschland sind bislang weder die Identität der Beschwerdeführer noch die genauen Inhalte der Beschwerden bekannt. In Italien und Frankreich dagegen sollen die Beschwerden auf Verbraucherschutzorganisationen bzw. Gewerkschaften zurückgehen.[1]
Nachfolgend wird der Versuch unternommen, die bislang bekannt gewordenen Einzelvorwürfe rechtlich näher einzuordnen.
Preisvorgaben durch den Franchisegeber
Bekanntlich dürfen Franchisegeber ihren Franchisenehmern zwar unverbindliche Preisempfehlungen geben. Sie dürfen jedoch weder direkt noch indirekt vorgeben, zu welchen Preisen diese ihre Produkte an Endkunden vorkaufen. Auch diesbezügliche Vereinbarungen, Abstimmungen oder sog. „gentlemen’s agreements“ sind unzulässig. Dies ist Ausdruck des Kartellverbots, welches sowohl im europäischen als auch im deutschen Recht verankert ist. Eine Ausnahme dürfte einzig bei kurzfristigen Sonderangebotskampagnen bestehen. Hierzu haben wir in unserem letzten Newsletter berichtet.
Sofern McDonald’s ihren Franchisenehmern tatsächlich (regelmäßig) die Endverkaufspreise „vorgibt“, wäre dies demnach ein schwerer Kartellrechtsverstoß, der mit erheblichen Bußgeldern geahndet werden kann. Davon ist laut Stellungnahmen von McDonald’s allerdings nicht auszugehen. Denn als selbstständige Unternehmer würden die Franchisenehmer ihre Preise freilich selbst festsetzen.
Darf ein Franchisegeber in eigenen Lokalen andere Endverkaufspreise nehmen als die Franchisenehmer in ihren Lokalen?
Was aber steckt rechtlich hinter dem weiteren Vorwurf, dass ein Franchisegeber seine Franchisenehmer zu überhöhten Endverkaufspreisen „zwinge“, weil die von diesen verlangten Mieten zu hoch seien? Dieser Vorwurf zielt in eine andere Richtung und wirft gleich mehrere kartellrechtliche Fragen auf, die sich ganz allgemein in Franchisesystemen stellen können:
Aus Sicht des Kartellrechts ist auch (und gerade) der Wettbewerb zwischen unterschiedlichen Unternehmen, die mit Produkten derselben Marke handeln, geschützt (sogenannter „Intra-Brand“-Wettbewerb). Der Abverkaufspreis ist dabei freilich ein zentraler Faktor. Eine Ausnahme besteht lediglich, wenn die betreffenden Verkaufsstellen demselben Unternehmen angehören. In diesem Fall dürfen die Abverkaufspreise einheitlich vorgegeben werden. Dies ist Ausdruck des sog. Konzernprivilegs, wonach das Kartellverbot innerhalb eines Unternehmensverbundes keine Anwendung findet.
Entsprechend darf und soll es – jedenfalls bezüglich des Abverkaufspreises als zentralem Wettbewerbsparameter – auch Wettbewerb zwischen den Verkaufsstellen des Franchisegebers und der Franchisenehmer geben. Preisvorgaben seitens des Franchisegebers sind allenfalls im Rahmen kurzfristiger Sonderangebotskampagnen möglich (s.o.).
Darf ein Franchisegeber Mieten (oder sonstige Vertragsbedingungen) verlangen, die es den Franchisenehmern (kommerziell) unmöglich machen, die Endverkaufspreise in den Läden des Franchisegebers zu „matchen“?
Aus dem Kartellverbot selbst ergeben sich keine unmittelbaren Vorgaben zur Preisgestaltung im Innenverhältnis zwischen Franchisegeber und Franchisenehmer. Hier kann jedoch das sogenannte Missbrauchsverbot (etwa in Form des sogenannten Behinderungsverbots) relevant sein. Dieses hat zwei Voraussetzungen: 1. Der Franchisegeber muss als marktbeherrschendes oder marktmächtiges Unternehmen anzusehen sein (was wir hier unterstellen). 2. Dieses Unternehmen muss seine Marktmacht missbraucht haben.
Der Nachweis eines Verstoßes kann im Einzelnen äußerst schwierig sein; das Missbrauchsverbot stellt sozusagen den „Mount Everest des Kartellrechts“ dar. Dies gilt auch im Bereich des Franchising. Exemplarisch hierfür steht die Praktiker-Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) aus dem Jahre 2013. Sie befasste sich mit der Frage, ob ein Franchisegeber gezwungen ist, die von ihm beim Wareneinkauf erzielten Einkaufsvorteile umfänglich an die Franchisenehmer weiterzugeben. Der BGH verneinte dies. Der Franchisegeber würde zusätzliche Aufgaben übernehmen, etwa als Großhändler. Zudem träfen ihn bestimmte zusätzliche Risiken, bspw. das Insolvenzrisiko der Franchisenehmer aufgrund vereinbarter Eigentumsvorbehalte. Dies rechtfertige die Zurückhaltung bestimmter Vorteile. Der Umstand, dass hierdurch die eigenen Regiebetriebe des Franchisegebers ggf. bevorzugt wurden, sah der BGH damals als unkritisch an. Konkret sagte er: „Dass Praktiker auf diese Weise den eigenen Regiebetrieben möglicherweise günstigere Einkaufspreise eingeräumt hat als den konzernfremden Franchisenehmern begründet keine Unbilligkeit. … Denn niemand ist verpflichtet, zu seinen Lasten Wettbewerb zu fördern.“
Diese Aussagen legen nahe, dass der Vorwurf überhöhter Mieten in Kombination mit einem behaupteten Wettbewerbsnachteil gegenüber den Betrieben des Franchisegebers für sich genommen noch nicht ausreichen wird, um einen Missbrauch zu bejahen.
[1] Verwendete Quellen: Wirtschaftswoche vom 5. April 2017, „McDonald’s droht Ärger in Europa“; BILD vom 12.1.2016, „Preis-Wucher bei McDonald’s?, Augsburger Allgemeine, 5. April 2017, „Preisdiktat-Vorwürfe gegen McDonald’s in drei Ländern“; Hamburger Abendblatt, 6. April 2017, „McDonald’s soll zu hohe Preise verlangen“.