Franchiseverband stellt die Weichen einer Positionierung zur Diskussion der neuen Vertikal-GVO

Eine Fachgruppe des Rechtsausschusses bereitet die inhaltliche Positionierung des Deutschen Franchiseverbandes in Sachen Weiterentwicklung der Vertikal-GVO auf EU-Ebene vor. Diese kartellrechtlichen Fragestellungen beeinflussen stark die Arbeitsweise von Franchisesystemen. Folgende Themenfelder sind bspw. hiervon betroffen:

  • Know-how
  • Feststellung der Marktanteile
  • Begriff des potentiellen Wettbewerbs
  • Preisbindungen (Resale price maintenance, RPM)
    • Preisvorgaben
    • Unverbindliche Preisempfehlungen (UVP)
    • (kurzfristige) Werbeaktionen
    • Impressumspflicht  
  • Gebietsschutz
  • Internet
  • Selektiver Vertrieb

Die Mitglieder des Verbandes werden zeitnah durch eine Befragung in diese Diskussion mit einbezogen, um ein breites Meinungsbild der deutschen Franchisewirtschaft in die dann zu erarbeitende Stellungnahme einzuarbeiten.

Hintergrund

In der Regel erleichtert ein Blick in das Gesetz die Rechtsfindung beim Ausgestalten von Verträgen: nicht so beim Franchising. Dieses moderne Geschäftsmodell für Waren und Dienstleistungen ist weder in Deutschland noch Österreich – im Gegensatz zu Belgien, Frankreich, Italien, Schweden, Spanien – gesetzlich geregelt, so dass bei der Vertragsgestaltung eine Fülle von Urteilen und zahlreiche Einzelgesetze berücksichtigt werden müssen. Lediglich auf Europäischer Ebene gibt die so genannte Gruppenfreistellungsverordnung für Vertikale Vertriebsbindungen (Vertikal-GVO). Auch wenn sich der Regelungsinhalt der Vertikal-GVO nur darauf bezieht, Franchiseverträge vom Kartellverbot des Art. 101 (AUEV – Vertrag über die Arbeitsweise innerhalb der Europäischen Union – vormals Art. 81 I EG-Vertrag) freizustellen, kommt Freistellungsverordnungen auch für die zivilrechtliche Beurteilung von Franchiseverträgen in Deutschland zu. So hat das OLG Rostock in seinem Urteil vom 29. Juni 1995 (DRsp. Nr. 1998/3987) festgestellt, dass die seinerzeitige Franchise-GVO auch zivilrechtlich in Deutschland Anforderungen an einen abzuschließenden Franchisevertrag festlegt; d.h. Maßstab für die Frage der Sittenwidrigkeit eines Franchisevertrages nach § 138 I BGB (Gute Sitten) ist. Der BGH hat in seiner Entscheidung vom 13. Juli 2004 (WRP 2004, 1378 Citroen-Vertragshändler) ausgeführt, dass bei einer AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle bei Absatzmittlungsverträgen und damit auch von Franchiseverträgen die jeweilige Gruppenfreistellungsverordnung, sei es die Vertikal-GVO oder bei Vertragshändlerverträgen die KFZ-GVO als Wertungsmaßstab i.S.v. § 307 I 1 BGB anzuwenden ist, .d.h. Regelungen, die nach den jeweiligen Gruppenfreistellungsverordnungen unzulässig sind, sind ebenfalls nach § 307 I 1 als unwirksam anzusehen, da diese den Franchisenehmer unangemessen benachteiligen. An dieser an § 307 I 2 BGB ausgerichteten Betrachtung ändert auch durch die seit dem 01. Juni 2010 geltende Fassung der Vertikal-GVO nichts. Gegenteiliges ist der Fall. Im Jahr 2020 folgt die Fortentwicklung der Vertikal-GVO. Mit dem oben beschriebenen Vorgehen wird sich der Deutsche Franchiseverband frühzeitig positionieren und in die Diskussion einbringen.

v. links: Dr. Ilmo Pathe, Dr. Tilman Rosse, Tim Geier, Jan Schmelzle, Prof. Dr. Karsten Metzlaff

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