Selten hat eine Europawahl eine so hohe Aufmerksamkeit erhalten wie die aktuelle. Ein Angriffskrieg in Europa, die daraus resultierende Energiekrise und die anhaltende Inflation. Ein kleiner Auszug der vielen Krisen und Herausforderungen, die die Stabilität und den Zusammenhalt innerhalb der Europäischen Union gefährden. Klar ist: Die Stärke der EU wird und muss steigen, um die zahlreichen Probleme zu bewältigen. Und um sich nicht zuletzt unabhängiger von den übrigen Big Playern dieser Welt zu machen. Was für Mammutaufgaben! Am kommenden Sonntag stellen sich daher in Deutschland sage und schreibe 35 Parteien zur Wahl über den Einzug ins Europäische Parlament. Alle davon präsentieren in ihren Wahlprogrammen viele – mehr oder weniger gute – Lösungsansätze und Ideen.
Als Interessenvertretung der deutschen Franchisewirtschaft haben wir genauer nachgehakt und fünf franchiserelevante Fragen gestellt. Getan haben wir das nicht bei allen 35, sondern bei den im Deutschen Bundestag vertretenen etablierten Parteien. Bis auf die Grünen, die „aus Gründen begrenzter Arbeitskapazitäten“ nicht antworten konnten, haben uns alle anderen ihre Antworten rechtzeitig zur Verfügung gestellt. Die Antworten können Sie hier in voller Länge nachlesen.
Nachstehend habe ich die Antworten zu den fünf Themenbereichen Franchisewirtschaft, Unternehmertum und Existenzgründung, Gründungsförderung, Bürokratieabbau sowie Wettbewerb kurz zusammengefasst.
Blick auf die Franchisewirtschaft
CDU und CSU setzen sich weiterhin für die Verbesserung politischer Rahmenbedingungen für die Wirtschaft ein und betonen die Franchisewirtschaft als wichtigen Wirtschaftszweig.
Die SPD betont die Bedeutung von Franchiseunternehmen für Arbeitsplätze, Wirtschaftsstärkung und verantwortungsvolles Unternehmertum in Europa. Sie strebt ein Umfeld an, das nachhaltiges Wachstum ermöglicht, Arbeitnehmerrechte und Mitbestimmungsrechte sichert und die lokale Wirtschaft fördert, ohne Arbeitsstandards zu untergraben.
Die FDP betont die Bedeutung der Franchisewirtschaft für den Wettbewerb und die Förderung von Innovationen. Sie setzt sich dafür ein, Franchiseunternehmen zu stärken, um den EU-Binnenmarkt zu fördern und ein dynamisches Wirtschaftsumfeld zu schaffen.
Die AfD sieht Franchising als wichtigen Baustein der mittelständischen Wirtschaft, der den Einstieg in die unternehmerische Selbständigkeit erleichtert und zur Belebung der Innenstädte beiträgt.
DIE LINKE unterstützt Unternehmenskooperationen, die keine Konzentration und Marktmacht fördern. Sie betont die Bedeutung von selbständiger Arbeit für eine gute Wirtschaftsordnung, lehnt jedoch “prekäre” Selbständigkeit ab und fordert eine Absicherung über Sozialversicherungen, die sich am realen Einkommen orientiert.
Existenzgründung und Unternehmertum
CDU und CSU werben für eine positive gesellschaftliche Einstellung zum Unternehmertum und fordern Entlastungen von Bürokratie, damit Unternehmen sich auf ihre Kernaktivitäten konzentrieren können. Sie streben an, dass Europa zum führenden Standort für Start-ups wird, indem sie niedrigschwellige Marktzugänge, Bürokratieabbau und verbesserten Zugang zu Kapital unterstützen.
Die FDP betont die Bedeutung des Unternehmertums für wirtschaftliches Wachstum und Innovation. Sie fordert eine angemessene Wertschätzung für Unternehmer und setzt sich für Maßnahmen wie Steuersenkungen, Bürokratieabbau und besseren Zugang zu Finanzierungsmöglichkeiten ein, um die Unternehmerkultur zu stärken.
Die AfD will die Bedeutung des Unternehmertums schon in der Schule vermitteln und Unternehmern Planungssicherheit durch einen stabilen Rahmen bieten. Sie strebt wettbewerbsfähige Bedingungen wie den Zugang zu Energie, Bürokratieabbau, Fachkräftezugang, Finanzierung, Infrastruktur und Steuerlast an. KMUs sollen einfacheren Zugang zu Daten und KI-Anwendungen erhalten.
DIE LINKE unterstützt wirtschaftliche Selbständigkeit und sieht keine „mangelnde Wertschätzung gegenüber dem Unternehmertum“ in Deutschland. Durch die Wiedereinführung der Vermögensteuer ohne Belastung von Unternehmen will sie die Einkommen der Bürger stärken und in Bereiche wie Wohnen, Bildung und Pflege investieren, um die Konjunktur anzukurbeln. Kritisch betrachtet sie die geplante Stärkung von Monopolen durch die nächste EU-Kommission und setzt sich für die Förderung kleiner Unternehmen ein.
Gründungsförderung
CDU und CSU fordern einen einfacheren Zugang zu Finanzierungsmöglichkeiten für Gründer und KMU. Sie setzen sich für eine unbürokratische Auszahlung von Fördermitteln und Kreditvergabe ein und möchten die regulatorischen Rahmenbedingungen an die Bedürfnisse der Unternehmen anpassen. Außerdem streben sie eine Vertiefung der Kapitalmarktunion und eine Stärkung des Binnenmarkts für Finanzdienstleistungen an.
Die SPD begrüßt europäische Initiativen zur Förderung von Existenzgründungen, wie Erasmus für Jungunternehmer. Sie setzt sich für den Abbau übermäßiger Regulierung und einen erleichterten Zugang zu Finanzierungsmöglichkeiten ein. Die Vollendung der Kapitalmarktunion kann ihrer Ansicht nach dabei helfen, privates Kapital grenzüberschreitend in Unternehmen lenken, insbesondere für kleine oder neu gegründete Unternehmen.
Die FDP setzt sich für die Förderung des Unternehmertums in Deutschland und Europa ein. Sie unterstützt Programme wie den Europäischen Sozialfonds (ESF), Horizont Europa, Erasmus für Jungunternehmer, das COSME-Programm und das Enterprise Europe Network, die angehenden Unternehmern und Start-ups Ressourcen und Finanzierungsmöglichkeiten bieten. Die Partei strebt zudem die Schaffung einer europäischen Venture-Capital-Verordnung und die Vereinheitlichung der Crowdfunding-Regeln in der EU an. Außerdem plant sie die Einführung eines Inkubator-Programms zur Förderung von Unternehmensgründungen und privatem Wagniskapital.
Die AfD bevorzugt eine gezielte Förderung von KMU durch die Nationalstaaten, ergänzt durch geförderte Beratungsdienstleistungen und klare Kriterien für Innovations- und Start-up-Förderung.
DIE LINKE unterstützt Existenzgründungen, fordert jedoch eine Mittelanpassung, um „prekäre“ Selbständigkeit zu vermeiden. Sie legt Wert auf gute Konzepte, umfassende Beratung und Einhaltung aller Regeln bei der Vergabe öffentlicher Mittel. Sie betrachtet die Begeisterung für Start-ups kritisch und plädiert für eine sorgfältige Prüfung der Ziele und Folgen von Existenzgründungen.
Bürokratieabbau
CDU und CSU wollen die Überregulierung der Wirtschaft beenden. Sie planen einen sofortigen Belastungsstopp für neue EU-Initiativen, eine Vereinfachung der Gesetzgebung und die Abschaffung überflüssiger Regeln. Zudem sollen Taxonomie und Green Deal überprüft und der Europäische Mittelstandsbeauftragte gestärkt werden.
Die SPD setzt sich für eine Reduzierung der Bürokratie im gemeinsamen Binnenmarkt ein, um Raum für Unternehmertum und Kreativität zu schaffen. Dies soll insbesondere KMU, Start-ups, Selbstständigen und Freiberuflern zugutekommen. Dabei strebt die SPD an, die Qualität der EU-Regulierungen zu verbessern, ohne Schutzstandards zu senken.
Die FDP fordert einen radikalen Bürokratieabbau in der EU. Die Partei schlägt dazu einen „Bureaucracy Reduction Act“ vor, um die Wirtschaft von mindestens 50 Prozent der Bürokratielasten zu entlasten. Dabei sollen für jede neue Belastung durch EU-Regulierung bestehende Belastungen in doppeltem Umfang abgeschafft werden.
Die AfD fordert weniger EU-Gesetze und die Rückabwicklung des Lieferkettengesetzes. Berichtspflichten sollen vor allem für Kleinunternehmen stark reduziert werden. Neue Bürokratiekosten sollen nur akzeptiert werden, wenn gleichzeitig Kosten in mindestens gleichem Umfang entfallen. Zudem soll die Datenschutzgrundverordnung vereinfacht werden.
DIE LINKE lehnt das „One-In-One-Out“-Prinzip ab und strebt stattdessen an, unnötige Bürokratie abzubauen, ohne dabei Arbeits- und Umweltschutz sowie Tarifrechte zu beeinträchtigen. Die Entscheidung über Belastungen soll gemeinsam mit den Betroffenen und ihren Verbänden getroffen werden. Zur Beschleunigung und Effizienzsteigerung der staatlichen Verwaltung plant Die Linke eine verstärkte Investition in die digitale Verwaltung mit zusätzlichen Mitteln und Personal. Dies soll eine zukunftsfähige Verwaltung ermöglichen und die Bürokratie im Alltag sowie den sozial-ökologischen Umbau unterstützen.
Wettbewerb
CDU und CSU setzen sich für einen effektiven Wettbewerb auf EU-Ebene ein, inklusive zielgerichteter Beihilfen und Bekämpfung von Missbrauch marktbeherrschender Stellungen, insbesondere im digitalen Sektor. Sie unterstützen faire Unternehmensbesteuerung und eine globale Mindeststeuer für internationale Unternehmen ab einem Jahresumsatz von 750 Millionen Euro.
Die SPD betont die Bedeutung des gemeinsamen Binnenmarktes als zentrales Element für wirtschaftlichen Erfolg und Wohlstand in Europa. Durch Gesetze für digitale Dienste und Märkte strebt sie faire Wettbewerbsbedingungen an, insbesondere für lokale KMUs. Diese Maßnahmen zielen darauf ab, den Marktzugang für kleine Unternehmen zu verbessern und ihnen die Möglichkeit zu geben, sich auch im digitalen Zeitalter zu behaupten.
Die FDP fordert einen EU-Kommissar für den Mittelstand, der faire Bedingungen und Bürokratieabbau gewährleistet und die Marktmacht großer Unternehmen überwacht, um fairen Wettbewerb zu sichern.
Die AfD setzt sich für kostengünstigen Strom für alle, nicht nur für Großunternehmen ein, basierend auf Wettbewerbsfähigkeit und ohne übermäßige Subventionen.
DIE LINKE lehnt die „Förderung“ großer europäischer Monopole durch die aktuelle EU-Kommission ab und fordert eine strengere Wettbewerbskontrolle. Sie setzt sich für die Unterstützung lokaler, sozialer und umweltgerechter Produktion sowie die Stärkung regionaler Wirtschaftskreisläufe ein.